Junge Texte aus Anlass der Europawahl am 9. Juni

Aus Anlass der Europawahl am 9. Juni hatte der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS in Verdi), Bezirk Köln-Bonn-Leverkusen, junge Menschen zu einem Schreibwettbewerb aufgerufen.

Die Resonanz war nicht so groß wie erwartet, darum hat die Jury die Preisverleihung ausgesetzt. Umso mehr freuen wir uns, dass die meisten der Teilnehmer*innen uns erlaubt haben, ihre Beiträge an dieser Stelle zu veröffentlichen.

Lotta nimmt uns erst mit in die Vergangenheit und dann in die Zukunft, Vivien erklärt uns die Wahlen und stellt uns die Blobbis und die Pinkis vor, Ella schildert einen leider krass unromantisch verlaufenden Jahrestag, Rebekka lässt uns hautnah eine Flucht miterleben, Julia hinterfragt sich selbst sehr kritisch und damit zugleich auch viele von uns Leser*innen, Rudweida erzählt, wie Liebe in Hass umkippt. Laura denkt in ihrem Gedicht über Erinnerungen für die Zukunft nach.

An alle Autor*innen ein riesengroßes Dankeschön!

Klickt auf die Namen, um zu den jeweiligen Texten zu gelangen.

Wir bedanken uns außerdem sehr herzlich bei der Gerhart-und-Renate-Baum-Stiftung – und zwar sowohl für die finanzielle Unterstützung dieses Projektes als auch für den jahr(zehnt)elangen Einsatz zur Verteidigung und Weiterentwicklung unserer Demokratie!

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Erinnerungen für die Zukunft

Wir wollen Gemeinschaft, wollen Freiheit, wollen lieben,
aber wie soll denn das gehen, das mit dem Frieden?
Alle reden, spekulieren,
während wir doch nur an Zeit verlieren.

Also lasst mich euch berichten,
nach was für Werten wir uns sollten richten.
Es sind Erinnerungen für die Zukunft,
die uns führen könnten zu Gemeinschaft, Liebe und Vernunft.

Vorurteile – was haben die denn für einen Sinn?
Sie fragt „ Siehst du denn an meiner Kleidung wer ich bin?“
Nein, von außen kannst du ihre Geschichte niemals kennen,
ohne sie zu verletzen bis Tränen über ihre Wangen rennen.

Aber im Gespräch kannst du’s erfahren,
ohne sie vorher zu bewerten wegen Sprache, Freunden oder ihren Haaren.
Denn hier kann jeder jedem Vertrauen,
ohne einen Schutzwall der Emotionen zu erbauen.

Und was heißt das eigentlich mit der Akzeptanz,
und damit, ob du jetzt Gleichheit erfahren kannst?
Es müsste doch eigentlich so gehen,
andere als Menschen wie sich selbst zu sehen.

Aber hier ist egal, ob schwarz-weiß, glitzernd oder kunterbunt,
denn die Welt ist und bleibt doch immer rund.
Es ist egal was du trägst und wen du liebst,
egal was du woanders auch zu hören kriegst.

Hier wird jeder akzeptiert so wie er ist,
und hier darfst du sein wer du auch wirklich bist.
Ohne, dass es als Problem gesehen wird,
ohne, dass es auch nur einen Menschen stört.

Und Zusammenarbeit – warum ist das so schwer?
Wer macht dies und das macht wer?
Einer macht doch lieber alles allein,
bevor andere ihn für seine Arbeit anschrei’n.

Doch hier macht man es gerne gemeinsam,
denn zusammen ist es doch fröhlicher, als so einsam.
Man kann gemeinsam planen, diskutieren und es endlich schaffen,
um am Ende dann die Freude zu sehen, die man gemeinsam hat erschaffen.

Zusammenhalt ist, was für uns zählt,
egal, was wer anders von dieser Idee auch hält.
Ich glaub euch, wenn ihr sagt, ihr schafft es da alleine durch,
aber Freundschaft ist doch immer ein Licht gegen die Furcht.

Wir teilen Tränen der Freude und der Trauer,
wir überwinden jede Aufgabe, die uns erscheint wie eine endlose Mauer.
Wir singen und tanzen gemeinsam durch die Welt,
weil uns die Freude mit Freunden so viel besser gefällt.

Aber woher kann ich wissen wie ein anderer denkt?
Was ein böser Gedanke vielleicht in seinem Kopf drin hängt?
Hilft er denn jetzt aus reiner Herzlichkeit?
Oder ist da schlechter Wille in der Freundlichkeit?

Aber sollte es nicht eigentlich anders sein?
So eine Sorge sollte doch völlig unbegründet sein.
Und so ist es bei uns schon eine gefühlte Ewigkeit,
hier hilft man noch aus reiner Herzlichkeit.

Und wie wäre es mit Sicherheit?
Denn wisst ihr, was alles schon reicht,
um eine große Gefahr zu sein?
Ein Blick, ein Schritt, ein Wort – auch wenn es scheint noch so klein.

Ein Blick, ein Schritt, ein Wort – ohne negativen Ton,
gespürt, geseh’n, gehört – von der falschen Person.
Eine Kleinigkeit, die führen kann zu Reaktionen ohne Halt,
sodass man wünscht nach Sicherheit vor Hass und Gewalt.

Aber hier ist es so,
dass man sicher ist wie nirgendwo.
Man steht zusammen gegen Gewalt und Hass,
denn nur das bringt uns allen was.

Wir wollen keinen Hass in unserer Welt,
denn es ist Liebe, ist Gerechtigkeit, was zählt.
Hier können wir den Frieden förmlich spüren,
Liebe leuchtet durch die Fenster und die Türen.

Und genau daraus sind Erinnerungen gebaut,
die eine Sache, die dir niemand klaut.
Erinnerungen an gemeinsames Tanzen zur Musik,
ohne auch nur ein Fünkchen an Kritik.

Erinnerungen an die guten Zeiten mit allen,
die dir in den dunkelsten Zeiten wieder einfallen.
Erinnerungen, die dich an das Gute glauben lassen,
wenn du denkst alles und jeder hätte dich verlassen.

Also lasst uns sorgen für Frieden und Gerechtigkeit,
durch Zusammenhalt und Herzlichkeit.
Denn wir brauchen Erinnerungen für die Zukunft,
die uns alle führen zur Vernunft.

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„Perfekt“

Von Ruweida Abdramane aus Leverkusen

 

Wie ein Mensch sich benimmt oder verhält, hängt von ihm selbst ab, doch meistens ändert sich eine Person durch ihre Umgebung. Die Personen, mit denen man abhängt, die Eltern, die einen erziehen, die Lehrer, die einen unterrichten und einem beibringen, was man vorher nicht kannte, die Medien, die man sich anschaut und zu sich nimmt und letztendlich die Gesellschaft. All das spielt eine wichtige Rolle in der Entwicklung eines Menschen. Gilt dieselbe Regel aber auch für die, die anscheinend von Natur aus egoistisch, selbstsüchtig und gierig sind? Für die, die von positiven Sachen umgeben sind: positive Verwandte, Freunde, Lehrer, Medien und eine positive Gesellschaft und trotzdem so enden, als hätten sie noch nie eine Nettigkeit in ihrem Leben erlebt?

Emilia. Ein Mädchen, das mit allem auswuchs, das man sich je erträumen konnte. Eine „perfekte” Familie, „perfekte” Nachbarschaft und „perfekte” Freunde. Ihr fehlte nie irgendetwas, und genau wie die Welt zu ihr war, nett, war sie es auch zu der Welt. Doch in ihrem dreiundzwanzigsten Lebensjahr änderte sich alles. Sie verliebte sich in einen Jungen. Ein Junge war so bildschön wie ein Gemälde von Leonardo da Vinci. Mit einem Körperbau, als wäre er von Michelangelo angefertigt. Ein Junge, den kein anderes Wort beschrieb als das Wort Prinz. Ein Prinz wie die Prinzen aus Märchen. Er war einfach „perfekt” und passte wie ein verlorenes Puzzlestück in Emilias Leben. Emilia versuchte sich mit dem Jungen anzufreunden, dessen Namen sie erst nach zehn Tage mit konstantem „Smalltalk” erfuhr.

Er hieß Oliver und als Architekt, der täglich nach Inspiration suchte, saß er jeden Tag in einer Ecke mit Ausblick zur Straße in dem Café, wo Emilia als Kellnerin arbeitete, und bestellte immer denselben Kaffee: Cappuccino um Punkt neun Uhr. Oliver würde dann mit kleinen Pausen bis achtzehn Uhr arbeiten, wobei er sich mit Kunden unterhielt und seine Entwürfe präsentierte. In diesen Momenten versuchte Emilia immer, ein Gespräch mit ihm zu beginnen. Manchmal funktionierte es, doch meistens schien es so, als würde er sie meiden. Gegen sechs verließ Oliver das Café und machte einen kleinen Spaziergang, bis er einen Park mit vielen Bänken erreichte. Dort arbeitete er, wenn das Wetter es zuließ, weiter bis acht.

Das alles fand Emilia mithilfe ihres Jobs und zahlreicher Beziehungen heraus. Nachdem drei Monate ohne Erfolg für Emilia verflogen waren, sprach Oliver sie zum ersten Mal von sich aus an.

Es war ein perfektes Tag und an den einzelnen Details erinnert sich Emilia ganz genau, denn wie könnte sie jemals diese Wendung ihres Lebens vergessen. Die Sonne schien nicht zu stark, es war leicht windig und die Luft roch nach frisch gemähtem Gras. Emilia kam genau wie jeden Tag pünktlich zur Arbeit, unterhielt sich kurz mit ihrem Boss, die sie lobte und ihren Kollegen, die ihr Leben beneideten, doch sie gleichzeitig bewunderten. Sie bereitete die Gebäcke vor und machte anschließend um acht Uhr das Café auf.

Die Stunde bis neun verging wie im Zeitraffer. Es kamen die üblichen Kunden, die sich fürs Frühstück ein frisches Gebäck und Coffee-to-Go kauften, und ein Paar, das sich spontan entschieden hatte, dort zu frühstücken, da die beiden alle Zeit der Welt hatten.

Um Punkt neun stand Oliver vor Emilia und bestellte seinen Cappuccino. Emilia wollte ihn, wie auch sonst, begrüßen, als er ihr zuvor kam: „Guten Morgen.”

„Ah, ähm, Guten Morgen, Oliver“, antwortete Emilia überrascht.

„Wie geht es Ihnen heute?”, fragte er.

„Gut und Ihnen?” Emilia merkte, wie sie beim Reden stotterte. Es lag wohl daran, dass Oliver so plötzlich Interesse an ihr zeigte.

„Auch gut. Wie Sie wahrscheinlich schon wissen, nehme ich immer eine kleine Pause gegen zwölf. Wäre es möglich, dass ich kurz mit Ihnen während dieser Zeit sprechen könnte?”

„Natürlich”, lächelte Emilia, „Selbstverständlich wäre es möglich.”

Die zweite Antwort schien eher wie eine Art Überzeugung für sie selbst zu sein, dass Oliver tatsächlich mit ihr sprechen wollte.

Sie reichte ihm seinen Cappuccino und sah zu, wie er zu seinem ‘Arbeitsplatz’ ging. Emilia zählte die Stunden, Minuten und Sekunden runter, bis sie mit Oliver sprechen konnte: 2 Stunden, 58 Minuten und 21 Sekunden. Es waren genau 16 Kunden gekommen und gegangen, als noch 2 Stunden, 30 Minuten und 1 Sekunde übrig waren. Bei 2 Stunden, 3 Minuten und 47 Sekunden, waren 10 Kunden, exklusive Oliver, im Café. 1 Stunde, 19 Minuten und 36 Sekunden: Emilia war sehr beschäftigt mit den zunehmenden Kunden und hätte fast den Überblick verloren. Oliver saß immer noch an derselben Stelle und skizzierte dort irgendwas.

Ach, wäre ich doch nur Luft. Dann könnte ich jederzeit mit ihm überall sein, dachte Emilia, als sie über einen Mann hinweg zu Oliver sah. Zufälligerweise schaute Oliver in ihre Richtung und lächelte ihr zu, als ihre Augen sich trafen. Ab halb eins begann der Ansturm nachzulassen, da ab diesem Zeitpunkt die meisten lieber zum Mittagessen ins Restaurant gingen. Nachdem Emilia sich von dem vorerst letzten Kunden verabschiedet hatte, schaute sie zu Oliver und sah, dass ihm auf einmal eine Frau gegenüber saß. Emilia spürte Wut in ihr aufsteigen. Und diese Wut wuchs, je länger sie beobachtete, wie Oliver sich mit der Frau unterhielt und zwischendurch lachte. Sie war sich bewusst, dass es eigentlich nur Eifersucht war, die sich zur Wut umwandelte, und ihr war auch klar, dass sie kein Recht dazu hatte, wütend zu werden, da sie nicht mit Oliver zusammen war. Doch je mehr sie die beiden beobachtete, desto stärker wurde ihre Eifersucht und folglich ihre Wut. Dennoch konnte sie nichts weiter tun, als zuzugucken, bis sie endlich ihre Pause nehmen konnte.

Sie hoffte, dass die Frau bis dahin gegangen sei, aber sie blieb. Schließlich ging Emilia zu ihnen hinüber und sagte mit erzwungenem Lächeln: „Hallo Oliver, es ist jetzt zwölf Uhr, und Sie wollten ja mit mir sprechen.”

„Olivia, wäre es möglich, dass wir später weitersprechen?”, fragte Oliver die Frau, die ihm gegenüber saß.

„Selbstverständlich“, entgegnete Olivia. „Wird es länger dauern?”

„Nein, es wird ein sehr kurzes Gespräch sein.”

„Ok, wir sehen uns dann gleich.”

Als Olivia aufstand und irgendwo draußen in der Menschenmenge verschwand, setzte sich Emilia hin und Oliver begann im selben Moment: „Ich will nicht Ihre Zeit verschwenden, also sage ich es sofort. Ich bin mir nicht sicher, ob es nur meine Vorstellungen sind, aber falls Sie wirklich in mich verliebt sind, dann möchte ich Ihnen sagen, dass Sie sich keine Hoffnungen machen sollten. Ich war noch nie verliebt, also weiß ich nicht, ob es einfach ist, jemanden nicht mehr zu lieben, aber ich möchte nicht, dass Sie Ihr Liebesleben dadurch verschwenden, in jemanden verliebt zu sein, der sehr wahrscheinlich die Liebe nicht erwidern kann.”

„Wieso denken Sie, ich sei in Sie verliebt?” fragte Emilia so kühl wie möglich, obwohl sie innerlich vor Wut und Enttäuschung kochte.

„Nun, Sie starren mich jeden Tag an und versuchen immer mit mir Gespräche zu führen, auch über sinnlose Sachen.”

„Ok, und wieso glauben Sie, es sei nicht möglich, dass sie sich in mich verlieben?” versuchte Emilia.

Oliver antwortete schüchtern: „Bis vor kurzem hätte ich diese Frage nicht beantworten können, aber ich glaube ich bin verliebt.”

„Wie bitte?” Emilia war verblüfft. War er etwa in Olivia verliebt? Eine Person, die ihr nicht mal ebenbürtig war?

„Ich glaube, ich bin in Olivia verliebt”, gab Oliver zu.

Zur gleichen Zeit kam Olivia zurück und bekam alles mit, was er sagte.

„Ich dachte, es ging nur mir so!?”, strahlte sie.

„Ähm, möchtest du meine Freundin sein?” Er stotterte mit jedem Wort.

„Ja! Und tausendmal ja!”, schrie Olivia und umarmte ihn.

Emilia saß versteinert da und sah zu, wie ihr ganzes Leben zerbrach. Wie konnte sich Oliver in ein Mädchen verlieben, das er nur seit einem Tag kannte? Nicht nur das, dieses Mädchen war nicht mal schöner als sie oder schlauer. Sie war nicht reich oder hatte eine gute Familie. Alles an ihr war scheiße! Sie war nur ein schwarzer, verlorener Ausländer! Sie gehörte nicht mal in dieses Land!

Als Emilia später hinter der Kasse stand und zusah, wie Oliver sich weiter mit Olivia unterhielt, wurde die Wut stärker und noch hässlicher, als sie es hätte zugeben mögen. Ihr Hass richtete sich nicht nur auf Olivia, sondern auch auf ihre Hautfarbe und Herkunft. Plötzlich, als wäre es etwas Genetisches, etwas Natürliches, spürte Emilia Hass auf die, die ihr Land verdreckten, verschmutzten und zerstörten. Irgendwie schien ihr das, was ihr Vorfahr getan hatte, um sein Land angeblich „sauber“ zu halten, nicht mehr so schlimm. Denn er hatte getan, was er für nötig hielt, um diese Drecksviecher von seinem Land fernzuhalten.

Jener Tag war die Wendung ihrer Denkweise. Jedes Mal, wenn sie jemanden sah, der nicht die gleiche Herkunft hatte wie sie, wurde sie wütend und beschimpfte die Person. Sie setzte sich mehr dafür ein, dass Ausländer verschwinden. Dass Deutschland so wird, wie ihr Vorfahr es sich ausgemalt hatte. In den Sozialen Medien, bei der Arbeit und bei Familien- und Freundestreffen redete sie nur ständig darüber, wie die Ausländer irgendwann das Land einnehmen würden. Denn egal, wohin man schaute, gab es links und rechts mindestens mehr als fünf Ausländer, behauptete sie.

Die, die ihr nahestanden, wunderten sich, warum sie sich plötzlich so stark verändert hätte. Die meisten ignorierten das, was sie sagte, während andere den Kontakt abbrechen – unter anderem die, die nicht Deutsche waren. Ihre Eltern machten sich Sorgen um sie, dass ihr vielleicht irgendetwas angetan wurde. Doch sie wussten nicht, dass es andersherum war. Emilia würde jedes Mal, wenn sie Olivia sah, egal wo, versuchen, ihr etwas anzuhängen, was sie nicht getan hatte.

„Was ist nur los mit dir!”, schrie ihre Mutter sie an, als sie zuhause angekommen waren. „Wieso tust du so etwas?”

„Das ist das Dreiundzwanzigste mal, dass wir von der Polizei angerufen wurden, um dich abzuholen, weil du schon wieder versucht hast, Olivia etwas anzuhängen!”, fügte ihr Vater hinzu.

Emilia, die vor ihre Eltern stand, argumentierte: „Seid ihr wirklich so blind, dass ihr nicht seht, wie die Ausländer versuchen, unser Land einzunehmen? Außerdem hat sie mich wirklich angegriffen. Wieso glaubt ihr mir nicht? Manipulieren sie euch etwa?”

„Wieso hasst du auf einmal Ausländer?“, fragte ihre Mutter entsetzt. „Haben sie dir etwas angetan? Du warst vorher nicht so. Du warst sogar sehr eng mit Amara befreundet. Jemand, die nicht aus Deutschland stammt!”

„Mehr als die Hälfte von meinen Freunden waren Ausländer, und das zeigt doch nur, dass sie immer mehr und mehr werden“, entgegnete Emilia. „Sie vermehren sich wie Parasiten, um unser Land einzunehmen und uns irgendwann zu vertreiben.”

„Was geht nur in deinem Kopf vor? Hast du deinen Verstand verloren? Wenn wir nochmal angerufen werden, um dich aus dem Gefängnis zu befreien, dann werden wir dich aus dieser Familie verstoßen!”, versicherte ihr Vater.

Natürlich konnte Emilia es nicht sein lassen, denn am nächsten Tag veröffentlichte sie ein Video, wo Olivia anscheinend versucht, sie zu ermorden. Es konnte aber direkt aufgeklärt werden, dass Emilia jemanden dafür bezahlt hatte, sich als Olivia auszugeben.

Alle ihre Freunde und ihre ganze Familie brachen den Kontakt zu ihr ab, und aus Angst, Kunden zu verlieren, feuerte ihr Boss sie. Da sie nicht mehr ihre Miete bezahlen konnte, wurde sie aus ihrer Wohnung rausgeschmissen. Jeder, der sie sah, egal ob Deutsche oder nicht, hielt sich fern von ihr, außer Jugendliche, die sie manchmal filmten.

Aber auch nachdem sie obdachlos geworden war, alles verlor, was sie jemals besaß, provozierte sie immer wieder Streit mit jedem Ausländer, den sie sah.

Genau an dem Tag, an dem Emilia starb, heirateten Olivia und Oliver und zogen in das Haus ein, das Oliver selbst gestaltet hatte.

Also, gilt diese Regel? Sie können selbst entscheiden. Emilia hatte alles, was sie wollte, doch wegen Liebe und Eifersucht zerstörte sie alles, was sie besaß. Ist es die Schuld von Olivia? Wäre, wenn es Olivia nicht gegeben hätte, Emilia nie so geendet?

Oder sollte Emilia selbst erkennen, dass das, was sie tat, falsch war?

Das ist doch die Frage, die wir uns alle stellen.

Was geht nur im Kopf solcher Personen vor?

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Die Geschichte wiederholt sich

Von Lotta Palm aus Langenfeld

In jener Nacht wurde ich durch ein lautes, klirrendes Geräusch geweckt. Ich verharrte, um die Ursache zu erkennen. Angestrengt hörte ich in die Nacht hinein. Es herrschte Totenstille. Hatte ich mir das nur eingebildet? Ich wollte mich gerade wieder zurück in mein Kissen fallen lassen, um morgen früh nicht allzu müde zu sein, da geschah es wieder. Ein Knall, der sich verdächtig nach zerberstendem Glas anhörte. Ein Schauer durchfuhr mich und ich kämpfte gegen Gänsehaut an. Der Knall ertönte ein drittes Mal. Doch jetzt klang es viel näher. Mein Bauch verkrampfte sich und mit dunkler Vorahnung stand ich auf und lief zu dem kleinem Dachfenster meiner Kammer. Der Fußboden war kalt und brachte mich zum frösteln. Draußen setzte gerade die Morgendämmerung ein. Im spärlichen Licht konnte ich mehrere Gestalten erkennen, die sich auf unseren Häuserblock und den unserer Nachbarn zubewegten. Einer von ihnen trug eine Axt über der Schulter und ein zweiter schleppte einen Spaten mit sich herum. Verwundert sah ich, wie sie die Veranda des Nachbarhauses betraten. Aber anstatt zu klingeln, holte der Mann mit dem Spaten aus und schlug in das Fenster im Erdgeschoss ein, das zu der Wohnung der Schmitts gehörte. Das Splittern des Glases hallte durch die ansonsten verlassene Straße. Ich zuckte zusammen. Was war hier los?! Der Mann mit der Axt begann nun auch auf die Holztür der Schmitts einzuschlagen. Mit jedem Hieb ertönte ein dumpfer Schlag. Und mit noch größerem Schrecken sah ich, wie weitere Gestalten die Straße hinunter kamen. Einige von ihnen machten sich sogar auf den Weg zu unserem eigenem Häuserblock. Voller Panik rannte ich zum Zimmer meiner Eltern. Von unten an der Haustür erklangen Stimmen und ich hörte Schritte von mehreren paar Stiefeln. Die Geräusche drangen zu uns in die Wohnung herauf und unter sie mischten sich zusätzlich laute Rufe. Meine Eltern waren bereits wach und kamen mir auf halbem Weg entgegen.

„Sie kommen und holen uns“, rief ich aufgewühlt aber trotzdem so leise, wie möglich, um nicht von den Männern unten gehört zu werden. Mutter nahm mich fest in den Arm und Vater sagte nur mit nervös zuckenden Augenliedern: „Nein Marie Schatz, sie kommen nicht wegen uns, mach dir keine Sorgen!“

Doch diese Antwort machte mir beinahe noch mehr Angst. „Weswegen dann? Was geschieht hier?“ Ich bemühte mich, nicht weinen zu müssen. Denn inzwischen hallte durch die ganze Straße ein unaufhörliches Klirren, Rufen und Schreien.

„Meinst du das sind sie?“, fragte Mutter unsicher und hielt mich fest umklammert.

„Ja ich fürchte schon … Diese verdammten … dazu haben sie doch kein Recht! Diesmal gehen sie zu weit!“

„Thomas!“, unterbrach Mutter meinen Vater, „Wenn uns jemand hört!“ „Womit gehen sie zu weit? Wer sind diese Leute?“, fragte ich verwundert. „Dass… sind ganz böse Menschen, die normale, nette Menschen vertreiben wollen.“

Mutter warf Vater einen warnenden Blick zu. Wir eilten zurück zu meinem Fenster und mussten feststellen, dass draußen ein einziges Chaos herrschte. Der Asphalt war übersäht mit Glassplittern, sämtliche Häuser ringsum waren demoliert. Hin und wieder standen Inneneinrichtungen angebrannt oder zerstört kreuz und quer in den Gärten. Auf den Straßen parkten nun eine Reihe von großen Autos. Mutter versuchte mir die Hand vor die Augen zu halten, doch ich sah mit Entsetzen, wie diese nicht zu erkennenden Gestalten einen Menschen nach dem anderen aus den Häusern über die Glasscherben zerrten und anschließend in die bereitstehenden Wagen brachten. Darunter waren sowohl Männer und Frauen, als auch Kinder.

„Wieso tun sie das?“, fragte ich mit hoher Stimme und begann nun doch zu weinen. „Müssen die ins Gefängnis? Was haben unsere Nachbarn getan?“ Ich verstand die Welt nicht mehr.

„Nichts Schatz“, sagte Mutter. Ich hatte sie noch nie weinen sehen. Sie weinte auch nicht viel. Aber ihre Augen waren wässrig. „Sie haben nichts getan. Das ist das Schlimme.“

Ich sah wieder hinaus auf die Straße. Da entdeckte ich ihn. Unter den Menschen auf der Straße erkannte ich mit blankem Entsetzen einen kleineren Jungen in meinem Alter. Es war Sebastian, mein früherer bester Freund. Wir waren zusammen zum Kindergarten gegangen, bis er eines Tages nicht mehr kam und meine Erzieherin mir erklärt hatte, er würde nicht in unsere Gruppe passen. Wir hatten uns trotzdem immer zum Spielen getroffen, bis meine Eltern es mir auf einmal verboten hatten. Ich hatte nie verstanden wieso. Und ich wollte es auch nicht verstehen. Doch nun, da ich ihn dort unten auf der Straße sah, wie er sich verängstigt umsah und weinte, musste ich noch mehr weinen. Denn ich wusste es von dem Moment an, in dem er im Wagen verschwand. Ich würde ihn nicht mehr wieder sehen.

 

 

30. März 2070

 

Ich blätterte eine Seite weiter in meinem Geschichtsbuch und las mir die Aufgabenstellung noch einmal durch. „Nr.1: Beurteile basierend auf VT1, ob die Kristallnacht ein Ereignis war, das verhindert hätte werden können. Musste es so weit kommen?“

Unsere Lehrerin hatte uns in Gruppen aufgeteilt, um die verschiedenen Geschichten von Menschen in der Reichspogromnacht zu lesen und jeweils die dazu gehörende Aufgabe zu bearbeiten. Mir wurde Vt1 zugeteilt und ich ließ mir die Geschichte der kleinen Marie immer und immer wieder durch den Kopf gehen. Ich fand es schrecklich, dass es so etwas früher gegeben hatte und mir war gar nicht in den Sinn gekommen, das auch kleine Kinder bei dem Überfall auf die Juden dabei gewesen sein mussten.

Ich sah mich im Klassenraum um. Ein Großteil meiner Klassenkameraden hatte bereits zu Schreiben begonnen. Ich öffnete das Schreibprogramm und ein Hologramm erschien in der Luft. Dann begann ich zu tippen.

„Musste es so weit kommen?“, überlegte ich. Eine Frage, die alle bewegte, um über Weltkriege, Krisenzeiten und Katastrophen zu diskutieren. Aber hinterher brachte das einem doch nichts mehr, oder? Die Frage musste viel eher heißen: „Wie weit muss es kommen?“

Je genauer ich darüber nachdachte, desto stärker fiel mir auf, dass die Situation zur Zeit der Reichspogromnacht erstaunlich gut zu unserer jetzigen Situation passte. Wenn man sich nur die Nachrichten ansah, fiel doch schon auf, dass wir von einer Wahl der „neuen Nationalsozialisten“ gar nicht mal so weit entfernt waren. Irgendwie tat man das alles immer als vergangenes Geschehen ab. Aber Strenggenommen waren wir am gleichen Punkt angekommen, wie vor 132 Jahren, ohne es auch nur zu merken.

Die Menschen dachten wahrscheinlich, es sei schon sehr lange vorbei. Das war es aber nicht. Es kam zurück, wie ein Virus, der Hass und Unrecht verbreitete.

Erst letztens war in der Tagesschau ein Rückblick gezeigt worden. Menschen waren vor beinah 50 Jahren auf die Straße gegangen und hatten protestiert, weil Vertreter der AfD an einem geheimen Treffen teilgenommen hatten, um Pläne für die Abschiebung von Ausländern zu schmieden.

Nach langer Zeit von Protesten hatte sich die AfD noch gerade so in den Parlamenten halten können. Wenn man genau darüber nachdachte, war es wirklich ein Wunder, warum diese Partei immer noch bestehen konnte. Das Schlimme daran war, das noch immer erschreckend viele Leute die Meinung der AfD vertraten oder viele der Versprechungen, die die Partei machte unterstützten. Die Stimmenanteile der AfD hatten sich im Vergleich zum Jahr 2020 um 30% verstärkt, hatte unsere Politik-Lehrerin uns vor einigen Tagen erst erzählt.

Irgendwie schien die Hälfte der Menschen die ganzen Vorfälle wie zum Beispiel dieses menschenfeindliche Treffen vergessen zu haben. Europaweit gab es so viele Probleme. Sie waren überall…. Man sah sie nur nicht immer. Und die meisten von ihnen wurden vergessen. Aber nur, weil etwas nicht zu sehen war, hieß das noch lange nicht, dass es nicht existierte. Und Diskriminierung existierte. Im Beruf, in den sozialen Medien und leider auch in meiner Klasse. Und das im Jahr 2070! Da denkt man, man wäre fortschrittlich, und könne mit KI und allen Technischen Geräten dieser Welt umgehen, aber was das soziale Umfeld anging, steckten wir immer noch im Mittelalter.

Die traurige Wahrheit war, dass auch in der Tagesschau nur etwa die Hälfte von den schlimmen Problemen zu sehen war, die auf dieser Welt täglich geschahen.

 

Ich begann zu schreiben:

Ich glaube, dass vieles damit zu tun hatte, dass die Menschen sich nicht im Klaren waren, was passierte, oder das sie sich aus Angst nicht im Klaren sein wollten. Das ist heute genauso ein Problem wie früher.

Natürlich können wir es uns alle einfach machen und die Entschuldigung ausnutzen, wir hätten von einigen Dingen überhaupt nichts gewusst. Nur wären wir dann nicht viel besser, als jene Menschen, die zur Zeit der Judenverfolgung so taten, als würden sie den Gestank der KZ Lager nicht riechen, und als würde ihnen nicht auffallen, dass ihre Nachbarn plötzlich für immer verschwanden. Und heute kann man ja sehen, wohin das geführt hatte.

 

Wort der Autorin:

Ob es uns gefällt oder nicht: Es ist unsere Aufgabe uns zu informieren, DAMIT wir davon wissen. Wir müssen unsere Augen wirklich aufmachen, denn die Probleme anderer gehen uns alle etwas an. Und wer kann uns überhaupt versichern, dass wir am nächsten Tag nicht denselben Schrecken ausgesetzt sind, ob nun Aufgrund unserer Hautfarbe, Herkunft, Religion, unseres Geschlechtes oder sonst etwas anderem.

Wäre es da nicht schön, zu wissen, dass es trotzdem Menschen da draußen gibt, die nicht nur für ihre, sondern auch für deine eigene Gerechtigkeit kämpfen und einstehen? In Momenten, in denen du selbst es nicht kannst? Wenn du also das nächste Mal keinen Grund zur Überwindung findest, um dich für andere einzusetzen, solltest du dich an das Gefühl erinnern, wie es wäre, selbst alleine dazustehen, ohne Möglichkeit auf Verteidigung. Wir sind Menschen. Egal von welchem Kontinent wir kommen, Fakt ist, wir leben alle unter derselben Sonne und wir haben immer noch dieselben Ziele. Menschheit gibt es nicht ohne Zusammenhalt.

Wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass irgendwann jemand die Führung übernimmt. Wir müssen selbst den Mund auf machen. Aber das kann manchmal ziemlich schwer sein. Umso wichtiger ist es, mutig zu sein und für diejenigen einzustehen, die nicht die Möglichkeit haben, es selbst zu tun.

In Gedenken an Alexei Nawalny, der Alles für eine gerechte Aufklärung in Russland getan hat, und dafür sogar sein Leben aufs Spiel setzte und es opferte. Nawalny hat uns gezeigt, dass es durchaus möglich ist, hinzuhören und hinzusehen. Aber auch, dass es verdammt viel Mut braucht und das es nicht immer gut ausgeht. Und dennoch muss man immer unterscheiden zwischen dem einfachen und dem richtigen Weg. Wir sollten Nawalny als Inspiration sehen, warum es wichtig ist, für Gerechtigkeit einzustehen, auch wenn es nicht immer leicht ist.

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Die Europawahlen

Von Vivien aus Berlin

Sehr geehrte Jury,

hiermit möchte ich mich als eine*r von ca. 8 Milliarden auf der Welt lebenden, 800 Millionen in Europa lebenden, 500 Millionen in der EU lebenden, und 200-250 Millionen Deutsch sprechenden Menschen bei Ihnen als Kandidat*in qualifizieren (Ich habe gerade 20 Minuten für diesen Satz gebraucht).

Um Ihnen erstmal etwas über Europa zu erzählen (oder um anzugeben, weil Sie täglich solche Texte über Europa lesen und dabei ständig Sätze wie „Haben Sie gewusst, dass …“, „Damit Sie mehr über Europa erfahren …“ oder „Hier ein paar Fakten über Europa für Sie…“ durchlesen, obwohl Sie das alles schon wissen) möchte ich Ihnen mitteilen, dass alle Menschen in Europa (bzw. alle Menschen auf der eurasischen Platte, die einen großen Teil Europas einnimmt), sich auf Afrika (bzw. auf die afrikanischen Platte) zubewegen (also konvergieren die Platten). Sollte es zu einem Zusammenstoß der beiden Platten kommen (was irgendwann passieren wird), würde dies zu Vulkanausbrüchen und Erdbeben führen. Es würden aber auch Faltengebirge und Tiefseegräben entstehen. Um den Wind etwas aus den Segeln zu nehmen, möchte ich anmerken, dass Europa sich nur sehr langsam fortbewegt. Genaugenommen ca. 2 cm pro Jahr. Durch die Verschiebung der Platten würde Kolumbus, angenommen er würde heute seine Reise erneut nach Amerika antreten, ca. 10 m mehr benötigen. Wenn Sie das nicht gewusst haben, können Sie mich das gerne wissen lassen, indem Sie mir den ersten Platz überlassen. Nun möchte ich wieder auf das eigentliche Thema zurückkommen:
Europawahlen

Wie würde denn Ihre Traumvorstellung von einem Leben in Europa aussehen? Die meisten Menschen würden jetzt wahrscheinlich von Harmonie zwischen den Menschen, Gleichberechtigung, Frieden, gegenseitiger Hilfe und vielem mehr sprechen. Wenn man sich dann mal umschaut sieht man, dass bereits ein großer Teil dieser Traumvorstellungen wahr ist. Man sieht, dass es so viele Organisationen gibt, die den Menschen, die nicht von hier kommen und gerade vielleicht vor dem Krieg flüchten müssen, ein Zuhause bieten. Man sieht, dass es so eine große Diversität an Menschen in Europa gibt und man sieht, dass so viele Menschen keinen Wert auf Hautfarbe, Aussehen und Herkunft legen, sondern viel mehr auf den Charakter schauen. Doch ich schreibe die ganze Zeit nur von vielen und nicht von allen Menschen. Es gibt also Menschen, die das, was wir alle uns hier aufbauen, zerstören möchten. Weshalb es so wichtig ist zu wählen, um das was wir haben aufrecht zu erhalten. Also muss man leider stark darauf achten Wen und Was (Akkusativ :-)) man bei den Europawahlen wählt und kann nicht einfach die Partei wählen, die coole Sachen in der eigenen Stadt macht, alles günstiger machen will oder andere solcher Sachen macht, sondern man muss seinen „Wunsch“ (Wahl) dafür verschwenden, eine Partei zu wählen, die für Gleichberechtigung etc. eintritt. Das muss man nur, weil es Menschen gibt, die einfach nicht verstehen, dass Gleichberechtigung so wichtig ist. Es fühlt sich grade mehr wie ein Zwang an zu wählen. Um das zu ändern müssen alle, die wählen können (dazu gehören EU-Bürger*innen ab 16 Jahren), zeigen, dass sie Parteien unterstützen, die für die Menschenrechte, für die Gleichberechtigung und für eine nicht rassistische Umgebung sind. Wenn das dann endlich durchgesetzt würde, werden wir zwar immer aufpassen müssen, dass das so bleibt, doch dann können wir endlich das wählen, was wir wollen und nicht das was wir müssen um Europa, oder vielleicht sogar die ganze Welt, in die richtige Richtung zu bewegen: Zur Liebe und nicht zum Hass. Die Europawahlen

Nun mach ich es wie ein Mustang und fahre fort. Dieses Mal mit einer Geschichte:
In einer weit entfernten Galaxie gab es ein Planet namens Plinkius. Auf Plinkius lebten viele kleine Plinkis. Plinkis waren kleine pinkfarbenen Wesen ohne Geschlecht, die alle wunderschöne regenbogenfarbene Augen hatten. Es gab ganz viele verschiedene Arten von Plinkis: große Plinkis, kleine Plinkis, langgezogene Plinkis, zusammengequetschte Plinkis, Plinkis auf dem Kopf, einäugige Plinkis, zweiäugige Plinkis (…), einbeinige Plinkis, zweibeinige Plinkis (…), 2D Plinkis, 3D Plinkis, 4D Plinkis (die riechen besonders gut), 5D Plinkis und ganz viele andere Plinkis. Alle Plinkis lebten in Frieden zusammen. Doch manchmal stritten sie sich auch, doch dies geschah meist nur bei den Wahlen, wenn es darum ging ob pinkfarbene oder magentafarbene Streusel auf das neue Plinkieis kommen sollen. Doch eines Tages bei einer Wahl, bei der alle Plinkis anwesend waren, kam ein Blobbi von dem Planeten Blobbius auf Plinkius und sprühte Anti-Plinki-Spray durch die Gegend. Das tat er (Blobbis haben auch kein Geschlecht, werden aber genauso wie Plinkis in der Singularform mit „er“ geschrieben), weil er wie alle anderen Blobbis die Plinkis hasste (das lag daran, dass sie sich vor Jahren verfeindet hatten). Danach teleportierte er sich sofort zurück auf Blobbius. Das Anti-Plinki-Spray hatte zum Glück nur 10,274% aller Plinkis getroffen. Diese Plinkis waren nun mit Hass erfüllt und fingen an alle Plinkis die nicht ihren Normen entsprachen (sie fertigten voller Hass eine Liste mit Plinki-Normen an) von Plinkius zu verbannen. Sie taten dies über Tage hinweg, bis sich alle übrigen 69 Plinkis zusammen gegen sie widersetzten und gewannen. Sie hatten es außerdem geschafft einen großen Teil von den infizierten Plinkis zu heilen und die verstoßenen Plinkis zurückzuholen. Sie lebten also alle wieder, bis auf die immer noch infizierten Plinkis, zusammen, auf Plinkius. Manche infizierten Plinkis konnten sich doch noch mit der Zeit selbst heilen und manche gingen zu den Blobbis auf Blobbius und wurden selbst zu einem (da sie sich den Blobbis anschlossen, weil sie nun selbst voller Hass auf Plinkis waren). Doch darüber musste man sich kaum Gedanken machen. Man musste nur aufpassen, dass die Blobbis nicht nochmal auf Plinkius kommen. So konnten sich die Plinkis wieder ganz auf ihr Plinkieis konzentrieren, welches übrigens pinkfarbenen Streusel bekommen hat.
Ich hoffe, ich konnte mich Ihnen gegenüber mit diesem Text und meiner Geschichte verständlich ausdrücken, und dass auch Sie meine Meinung teilen (besonders die mit den Plinkis).

Ich glaube, so konnte ich die Wichtigkeit dieser Thematik am besten in meinen eigenen Worten ausdrücken. Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung und bin sehr gespannt, was Sie zu meinem Text sagen (naja, schreiben) werden. Dann mache ich es mal wie ein Keks und verkrümel mich. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Start in die Woche.

Mit freundlichen Grüßen und bis später Peter (auch wenn Sie wahrscheinlich nicht Peter heißen)

Vivien

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Die unsichtbare Mauer

Von Julia Mann aus Bonn

 

Ich bin weiß. Ich bin in Deutschland geboren und habe die deutsche Staatsangehörigkeit. Ich bin nicht in der Position, darüber zu sprechen, wie sich Rassismus anfühlt, denn ich habe Rassismus noch nicht erlebt. Ich genieße alle Privilegien, die es nur gibt.

Aber ich gehe gegen die AfD demonstrieren – einmal da am Sonntag. Ich mache doch schon Alles was möglich ist! Außerdem kann man doch auch gar nicht mehr machen?!

Also wo ist das Problem? Reicht es denn nicht, einmal auf eine Demonstration zu gehen, ein nettes Schild zu basteln, auf dem ein netter Spruch ,,Der Döner soll bleiben‘‘ steht? Wo ist das Problem?

Das Problem liegt.

… in der Bahn: nachts, ich steige am Hauptbahnhof zu, als Frau, allein – schonmal scheiße. Dann sitzen da zwei Männer. Noch mehr scheiße. Die Bahn sonst leer, nur das monotone Rauschen von der angespannten Stille im Leerkörper der Bahn ab. Der eine Mann ist weiß, der andere Schwarz. Ich setze mich auf einen blauen Bahnsitz, mit den Riffeln drauf, die immer so ungemütlich aussehen – in die Nähe des Weißen. Weil es sich sicherer anfühlt. Und dabei habe ich keine Sekunde drüber nachgedacht, ich bin einfach meinem Gefühl gefolgt. Wo ist das Problem?

Oder auf der Party: Ich bin mit Freund*innen gekommen, trinke Tequilashots, flirte und tanze und habe einen großartigen Abend. Dann gehe ich frische Luft schnappen, trete auf den Balkon und sehe bereits die Sonne aufgehen. Mein Kopf ist wie leer gepustet und dann steht da ein süßes Mädchen, genau mein Typ. Ich spreche sie an, frage wie sie heiße. Nach den ersten Wortwechseln droht ein peinliches Schweigen einzutreten. Also entscheide ich, dass Gespräch in eine persönlichere Richtung zu lenken. Ich frage, woher sie komme. Sie sah doch schließlich ,,anders‘‘ aus. Wo ist das Problem?

Am Frühstückstisch: Mein Onkel erzählt von seiner Arbeit. Dass er einen neuen Chef bei der Arbeit habe. Eine Werbeagentur, in der mittlerweile fast gleich viele Frauen wie Männer arbeiten würden – stolzer Blick zu meiner Mutter, Nicken in meine Richtung. Dieser Chef jedenfalls sei Araber – dramatische Pause – und spreche hochdeutsch. HOCHDEUTSCH? Wie ulkig, grinst mein Onkel. Ich starre auf meinen Frühstücksbrei und denke, dass es jetzt doch nichts bringen würde, zu erklären, dass es definitiv nicht komisch sei. Wo ist das Problem?

Und wo ist das Problem, wenn ich sage, dass ,,die Türken‘‘ halt aggressiver seien und Arbeitsplätze wegnehmen würden, dass ,,die Chinesen‘‘ halt wirklich alle im Nagelstudio arbeiten würden und ,,die Muslime‘‘ halt einfach öfter Terroranschläge ausführen würden, weil ,,die‘‘ einfach von ihrer Religion dazu gebracht werden würden – wenn es doch so ist?

Das Problem bin ich. Sind alle diejenigen, die durch Sprache und Handlungen Mauern bauen. Die, die keine Menschen sondern ,,die Anderen‘‘ sehen. Die, die Unterschiede zwischen Menschen suchen, die es nicht gibt. Die, die vergessen, dass alle Menschen immer und überall gleich viel wert sind und wir alle Menschen sind, die sich verlieben, stolpern, über schlechte Witze lachen und das Bedürfnis nach Zuwendung und Verständnis haben. Und wenn dann noch die AfD an Zuwachs gewinnt, gilt es nicht, ,,nur‘‘ demonstrieren zu gehen. Gestern hätten wir, und damit meine ich ALLE, wach werden und gegen Rassismus auf die Straße gehen sollen. Jetzt müssen wir auch auf uns selbst schauen und aufhören, Mauern zwischen Menschen zu bauen, die es nicht gibt – und endlich zeigen, dass alle willkommen sind.

Ich möchte meine Brille aus Vorurteilen absetzen. Ich möchte lernen, den Menschen zu sehen und nicht das, was ich durch Aussehen, Sprache oder Erscheinung erfinde. Ich glaube, wir sind an einem Punkt, wo wir nur noch mit Liebe und Offenheit durch die Welt spazieren sollten.

Letzte Woche in Paris: Ich blicke auf den leuchtenden Eiffelturm. Ich bin mit meinem Leistungskurs hier. Von weiter weg höre ich Musik. Auf einem Platz in der Nähe hat sich eine bunte Gruppe von ganz unterschiedlich aussehenden Menschen versammelt, sie tanzen ausgelassen zu einem Lied. Sie singen und lachen, und Worte in verschiedenen Sprachen fliegen hin und her – ich kann Französisch heraushören und Englisch und Fetzen, die in meinen Ohren Arabisch klingen. Meine Freundin und ich entscheiden uns kurzerhand dazu, mitzutanzen. Wir können den Text zwar nicht verstehen, aber die Musik ist wunderschön und wir tanzen im Takt. Mit der Zeit kommen immer mehr Menschen hinzu. Eine andere Reisegruppe fängt ebenfalls an, freudestrahlend zu tanzen. Eine Frau steht neben mir, wir lächeln uns an und ich fordere sie zum Tanzen auf. Ich schaue in die große Runde. Und sehe Menschen, alle so unterschiedlich, doch wir alle tanzen und singen und lachen uns an und genießen den Moment. Als ich an die rechtsextreme Situation in Europa und die politischen Krisen weltweit denken muss, treten mir Tränen in die Augen – wir können doch alle zusammen tanzen.

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Die Flucht

Von Rebekka van Ingelgom aus Aachen

 

~ 1. November 1966 ~

Ich stand in der geschäftigen Bahnhofshalle, umgeben von dem Summen der Menschen und den Rattern der Züge. Der kalte Herbstwind zerrte an meinem Mantel, während ich mich zum Schalter begab, mein Ziel fest im Blick. Hinter dem Gitter saß ein Bahn-Mitarbeiter. Seine Augen bohrten sich förmlich in meine Seele. Sein Blick war nicht nur intensiv, sondern auch durchdringend, als ob er meine Gedanken lesen könnte. Mein Leben hing daran, dass er es nicht wirklich konnte.

,,Guten Tag. Ich bräuchte eine Fahrkarte nach Berlin, bitte.“

,,Guten Tag. Einfache Fahrt nach Berlin?“

Ich nicke: ,,Ja, bitte. Für heute Abend, wenn möglich.“

„Verstanden. Um wie viel Uhr wollen Sie abreisen?“, fragte der Bahn-Mitarbeiter.

Ich überlege kurz: ,,Um 22:00, wenn das möglich ist.“

,,Ein Ticket für heute Abend um 22:00. Das macht dann 12 Mark.“

Ich öffnete meine Brieftasche und zählte das benötigte Geld sorgfältig ab, bevor ich es über den

Tresen reichte.

,,Hier ist Ihre Fahrkarte. Gute Reise nach Berlin“, er zog eine Augenbraue hoch und musterte mich prüfend. Ich hatte Panik, man könnte meine Angst erkennen. Ich fing an zu stottern, doch der Mitarbeiter ignorierte mich einfach und rief den nächsten Kunden auf.

Ich stand für einen Moment da, betrachte die Fahrkarte in meiner Hand und machte mich dann auf den Weg zum Bahnsteig. Ich musste noch eine Stunde warten, bevor mein Zug kam.

Plötzlich überfielen mich wieder all diese Zweifel und die Fragen, die ich mir schon tausendmal gestellt hatte. Sollte Ich die Flucht wirklich wagen? Würde ich es schaffen, unbemerkt über die Mauer zu kommen? Mein Militärtraining würde sich sicherlich auszahlen und die Wachen würden mich nicht bemerken, wenn ich flink wäre. Aber die wichtigste Frage von allen war:

Warum wagte ich die Flucht aus der DDR überhaupt? Ich verließ meine ganze Familie, aber ich wollte einfach nur frei sein. In der DDR fühlte ich mich wie eingesperrt, konnte nicht reisen oder meine Meinung frei äußern. Im Westen erhoffte ich mir besseres. Das war es, wonach ich mich sehnte: die Freiheit, mein Leben selbst zu bestimmen, ohne ständige Kontrolle und Einschränkungen. Gott möge mich und meine Familie schützen! Bevor ich es mir anders überlegen konnte, kam auch schon die S-Bahn nach Berlin.

Ich stieg ein und ich spürte, wie sich meine Schultern unwillkürlich anspannten, als die Türen hinter mir schlossen. Die Bahn fuhr los und mein Herz klopfte laut wie ein Hammerwerk. Jeder Atemzug fühlte sich flach und unzureichend an, als würde mir die Luft zum Atmen genommen werden. Die Welt um mich herum erschien bedrohlich und ungewiss. Ich suchte in der Bahn nach anderen Personen, aber ich hatte Glück, dass niemand da war. Gott sei Dank! Ich visualisierte meinen Plan in meinem Inneren: Notbremse ziehen und Mauer überqueren. Der Plan war echt simpel, aber doch sehr schwer umzusetzen.

Der Griff war gut sichtbar neben den Türen angebracht, sein leuchtendes Rot stach sofort ins Auge. Er hatte eine markante Form, die leicht zu greifen war. Als ich meine Hand darauf legte, fühlte ich die Kälte des Metalls gegen meine Haut und spürte, wie sich mein Puls noch weiter beschleunigte, als ich mir vorstellte, wie ich ihn zog.

 

Ich musste ihn gleich ziehen. Ich erkannte schon die Umrisse der Mauer. Ich durfte jetzt nicht zögern, sonst wäre die ganze Reise umsonst und ich würde niemals in Freiheit leben. 3 … 2 …1 … Ich zog die Notbremse blitzartig.

Der Zug rumpelte und stand nach einer kurzen Bremsphase genau an der Stelle, die ich vorher schon im Auge gehabt hatte. Während ich aus der Tür sprang und den Boden berührte, wurde ein Signalzaun sofort ausgelöst. Ein lautes Zischen erfüllte die Luft, als zahlreiche Patronen grell in den Himmel stiegen. Die plötzliche Aktivierung des Zauns war wie ein Blitz in der Nacht, der die Umgebung in helles Licht tauchte und die Aufmerksamkeit aller auf sich zog. Jetzt war es um mich geschehen, die Wachmänner würden mich bemerkt haben. Aber ich wusste, dass ich jetzt nicht stehen bleiben durfte. Ich rannte natürlich weiter zum ersten Zaun und überwand ihn wie eine Katze. Nach weiteren Metern stand ich aber völlig überrascht vor einem tiefen ehemaligen S-Bahn-Schacht. Sein Grund lag ungefähr fünf Meter unter mir.

Ohne zu überlegen, sprang ich hinein. Mein Herz raste vor Angst und mein Körper prallte gegen harte Oberflächen. Panik stieg in mir auf, aber ich versuchte ruhig zu bleiben. Die Brille fiel mir von der Nase, zerbrach aber nicht. Ein Schutzengel ließ mich unversehrt auf dem Gleisbett aufschlagen.

Hatte ich nun doch verloren? Oh Gott, Ich war völlig verzweifelt. Gleichzeitig mit der Landung auf dem Schotter wurde von einem Posten eine Leuchtkugel abgeschossen. Das Signal bedeutete: Grenzdurchbruch – Feuer eröffnen!

Ich hatte meine Familie umsonst verlassen. Da schaute ich auf das gegenüberliegende Mauerwerk und staunte nicht schlecht. Die Mauer vor mir wirkte alt und brüchig, als ob sie jeden Moment einstürzen könnte. Ihr Putz blätterte ab, und Risse zogen sich wie Spinnennetze über ihre Oberfläche. Also kletterbar!

Ich behielt die Nerven und kletterte wie eine Eidechse an der Wand hoch. Es fiel immer noch kein Schuss. Oben angekommen, rannte ich auf das letzte Hindernis zu, einen Stacheldrahtzaun. Ich riss ihn mit den blanken Händen auf und kroch hindurch. Meine Finger waren blutig, die Wunden zeigten rote Linien. Doch komischerweise verspürte ich keinen Schmerz. Jeden Augenblick erwartete ich die Maschinengewehrsalven, die mich hätten töten sollen, doch es kam nichts. Dann war ich im Westen. In meiner Angst, vielleicht doch noch entdeckt zu werden, kroch ich auf Westberliner Seite aber noch weiter durch Hecken und kletterte über leicht überwindbare Zäune. Langsam näherte ich mich der Bornholmer Straße in Westberlin, deren Name mir aus heimlich kopierten Stadtplänen vertraut war. Dort erwarteten mich schon West-Berliner Polizisten. Sie hatten die haltende S-Bahn und die Leuchtkugeln längst bemerkt. Sie musterten mich von oben bis unten und sie hatten keinen Zweifel, dass ich einen Grenzdurchbruch gemacht hatte. Doch bevor ich mich erklären konnte, verschwamm meine Sicht und ich wurde ohnmächtig. Wie ich später erfuhr, fuhren sie mich mit Blaulicht in ein Notaufnahmelager. Dort wurde ich ärztlich versorgt und herzlichst aufgenommen.

Ich hätte nicht erwartet, dass ich es bisher her schaffen würde. Ich machte mir keine Sorgen mehr um mich, sondern eher um meine Familie in der DDR. Ich hätte sie nicht auf meine Flucht mitnehmen können. Meine Eltern waren schon alt und meine Geschwister hatten nicht den Mut

aufgebracht. Ich hoffte, ich würde sie eines Tages noch einmal wiedersehen. Mein Entscheidung zu flüchten, bereuite ich allerdings nicht. Hier im Westen, konnte ich die Politik mitgestalten.

Ich erinnerte mich an den ersten Satz den der Polizist zuvor gesagt hatte: ,,Willkommen im Westen. Wir werden dir helfen und dich unterstützen, während du dich an dein neues Leben hier gewöhnt. Und dieses Versprechen hielten sie auch ein: Nach 3 Wochen in Westberlin flogen mich die Amerikaner mit einem Flugzeug nach Frankfurt am Main aus und ein neues Leben für mich konnte beginnen …

 

 

 

Info:

 

Diese Geschichte beruht auf einer wahren Begebenheit. Meine Freundin stellte mir die wahre Geschichte mit Einverständnis ihres Großvaters zur Verfügung. Ihr Großvater heißt Michael Schwerk, ist heute 81 Jahre alt (Bei Flucht:22 Jahre alt) und teilt seine Erfahrungen heute immer noch mit anderen. Er absolvierte ein Studium für ein Lehramt am Gymnasium in Köln für Sport und Geographie. Durch das sogenannte ,,Verkehrsabkommen“ 1972 konnte er legal in die DDR einreisen und seine Familie wieder treffen. Er selbst hat im Westen auch seine Frau kennengelernt und eine Familie gegründet. Ich selbst habe mich für diese Geschichte entschieden, da ich Herr Schwerks Geschichte inspirierend finde und bedeutend in Bezug auf Europa. Die Geschichte verdeutlicht, wie Herr Schwerk sich trotz seinen Ängsten und Zweifeln dem politischen System entgegengestellt hat und somit einen Teil dazu beigetragen hat, dass Gerechtigkeit herrscht. Dieses Ereignis ist nicht nur entscheidend für Deutschland, sondern stärkte auch die Europäische Union. In Bezug auf die DDR und Europa sollten wir uns als eine Einheit sehen und nicht gegeneinander kämpfen oder uns von anderen abgrenzen. Wir sollten nicht vergessen, dass vor nicht weit entfernter Zeit, quer durch Europa eine Mauer verlief, die uns trennte.

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Jahrestag

Von Ella Sukkau aus Aachen

 

Heute war unser Jahrestag. Genau vor einem Jahr, in diesem Café, war unser erstes Date gewesen. Seither wusste ich, dass  ihr Lieblingskuchen Käsekuchen ist, dass sie Süßigkeiten liebt, außer sie ist nervös, kitschige Liebesromane liest, genauso wie Sachbücher über die Psyche und rote Rosen ihre Lieblingsrosen, nicht Lieblingsblumen, das sind weiße Tulpen.

„Weiße Tulpen?“, ein Strahlen breitete sich in ihrem Gesicht aus, als sie, mir ihren Blumenstrauß abnahm und wir uns an einen der Tische setzten, den gleichen, wie vor einen Jahr.

„Holst du mir ein Stück Kuchen?“ Sie wusste genau, wie sie mich um den Finger wickeln konnte. Es reichte ein Lächeln von ihr und ich war verloren, alles würde ich tun für sie.

Mit einem ergebenen Seufzen stand ich auf und schlängelt mich durch die Tischreihen, die vor dem Café standen. Die altmodische Tür zum Café quietschte, mittlerweile war ich sogar der Meinung, dass es statt einer Klingel fungiert. Schließlich wurde die Tür innerhalb mindestens eines Jahres nicht geölt. Eine Junge, etwa 16, sah mir lächelnd hinter der Theke entgegen.

„Hey, könnte ich den Käsekuchen und ein Milchkaffee haben?“

„Ja, natürlich. Hier, guten Appetit, willst du gleich bezahlen, oder später?“

„Jetzt, das wäre 10,50 Euro, oder? Hier.“

„Ja, danke“

Mit dem Kuchen für sie in der linken Hand und dem Milchkaffee für mich in der rechten trat ich, begleitet von dem quietschten der Tür, hinaus in die Sonne.

Innerhalb weniger Sekunden spürte ich, dass sich etwas verändert hatte. Die Tische waren nicht mehr besetzt, bis auf einen, unseren.

Doch ich konnte sie nicht sehen, nur eine kleine Menschentraube drumherum.

Die Menschen schrien irgendwelche Wörter, die ich nicht verstand. Ich konzentrierte mich bloß auf ihre Stimme. Ich konnte nicht heraushören, was genau sie sagte, aber sie klang wütend. Und da war noch etwas anderes.

Ich beeilte ich mich, zu unserem Tisch zu kommen. Die Tasse und den Teller lies ich auf einen lehren Tisch fallen, als ich einen Schrei hörte. Ihren Schrei.

Schnell war ich an der Menschenmenge angekommen und drängte mich in den Kreis, der sich gebildet hatte.

Mein Atem stockte und mein Gesicht wurde kalt, als ich den Typen vor ihr sah.

Er hatte noch immer die Hand erhoben und plötzliche nahm ich wahr, was all die Leute um uns herum sagten.

„Schlampe!“, riefen sie.  „Ekelhaft!“ und „Müll!“

Ich ignorierte Hass, der mir entgegen schlug, während meine Füße mich schon zu dem Arschloch bewegten, der jetzt sogar anfing zu spucken.

„Du kranke Schlampe küsst eine andere Frau, bist du ne Lesbe oder was? Gehörst du zu diese LGBTQ Leuten?“.

Erneut versuchte er auszuholen.

Doch ich packte sein Handgelenk, von schräg hinten, lenkte seinen Schwung nach oben, gegen ihn und drehte seinen Arm auf den Rücken. Dann schupste ich ihn von uns weg.

Was für ein Glück das wir noch letztens Selbstverteidigung in der Schule hatten.

„Die einzigen Kranken seid ihr“, schrie ich. „Was für Angsthasen seid ihr, als Gruppe eine einzige Person fertig zu machen? Was denkt ihr, wer ihr seid, wegen so etwas wie Liebe andere Leute anzugreifen?“ Ich stellte mich schützend vor sie, während der Rede hatte sie nach meiner Hand gegriffen.

Eine Frau löste sich aus der Gruppe und lief auf mich zu, hob eine Faust und zischte: „Was glaubst, du wer du …“

Doch in dem Augenblick wurde sie zurück gerissen und der Typ von hinter der Theke sowie ein paar der alten Gäste, die eben noch neben uns an anderen Tischen gesessen hatten, stellten sich zwischen uns.

Der Kreis hatte sich aufgelöst und wir standen uns gegen über wie zwei Fronten. Ich suchte ihren Blick und sah, dass Tränen sich den Weg über ihr Wangen gebahnt hatten. Mein Atem zitierte, wir hatten gewusst, dass gerade in dieser Ecke unserer Kleinstadt die Leute nicht akzeptierten, dass es mehr gab als die Norm. Doch es war unser Jahrestag und die Hoffnung war nun einmal geblieben. Aufmunternd drückte ich ihre Hand, bevor ich meinen Arm um ihre Taille legte, um ihr Halt zu geben. Grade als sich die Stimmung weiter zuzuspitzen zu drohte, dröhnte eine Stimme durch die Gasse: „Was ist hier los? “

Zwei Polizisten näherten sich uns.

 

Später  bei unserer Zeugenaussage erfuhren sie und ich, dass die Gäste die Polizei gerufen hatten, als sie gemerkt hatten, dass sich etwas zusammenbraute. Und schnell den Cafébesitzer und Kellner informiert hatten, bevor sie uns selbst zur Hilfe geilt waren.

An diesem Tag entschieden wir, die Leute aus dem Café,  sie und ich, einen Verein zu gründen.

Er würde in den nächsten Jahren wachsen, sollte Menschen mit ähnlichen Erlebnissen Raum  geben und Workshops für Schulen und Firmen geben, um gegen diesen Hass vor zu gehen.

Unsere Hoffnung war noch lange nicht gestorben, allerdings nahmen sie und ich nun an einen Selbstverteidigungskurs Teil.

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